In seinem Leitartikel für das Profil dieser Woche schreibt Robert Treichler unter dem Titel „Die Stimme Eurabiens“, es sei zwar unerträglich, dass Anders Breivik seine Weltsicht öffentlich ausbreiten dürfe, aber man solle ihn dennoch reden lassen, weil der „Konsum von Breiviks Gesamtwerk“ „kathartische Wirkung entfalten“ könne: „Es wird Bürgern zusehends peinlich sein, denselben Nonsens zur Grundlage ihrer politischen Haltung zu machen.“ Hinter diesem Leitartikel verbirgt sich ein recht verqueres Verständnis rechtsstaatlicher Regeln.
Anders Breivik darf nicht deswegen vor Gericht frei reden, damit wir von ihm lernen, wie blödsinnig rassistische Argumente sind. Das wissen wir entweder oder werden es auch von Breivik nicht lernen.
Breivik darf frei reden, weil Norwegen ein Rechtsstaat ist und in einem solchen jeder – und das meint wirklich jeder – Angeklagte das Recht hat, sich vor Gericht zu rechtfertigen und dazu gehört auch das Ausbreiten seiner Motive, ob uns diese nun gefallen, verletzen oder empören.